Verkostung: Die besten Weißburgunder, Grauburgunder und Chardonnay aus Deutschland
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Die drei weißen Burgundersorten Weißburgunder, Grauburgunder und Chardonnay haben in den vergangenen Jahrzehnten eine einmalige Erfolgsgeschichte im deutschen Weinbau geschrieben: In der Gunst der Winzer und der Verbraucher sind sie ständig gestiegen und ein Ende der Lust am Burgunder ist nicht abzusehen. Wir haben die besten deutschen Weine aus diesen Sorten verkostet.
Weißburgunder, Grauburgunder und Chardonnay gehören zu den großen Gewinnern in den deutschen Weinbergen. Ihre Anbaufläche hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert deutlich gesteigert: 1995 standen auf 2535 Hektar Rebfläche Grauburgunderreben, auf 1822 Hektar Weißburgunder und Chardonnay gerade einmal auf 271 Hektar. Das hat sich bis zum Jahr 2019 (aktuellere Zahlen gibt es leider noch nicht) grundlegend geändert: Grauburgunder nimmt mittlerweile 7069 Hektar ein, Weißburgunder 5747 Hektar und Chardonnay 2222 Hektar. Zusammen stehen die drei Sorten heute auf rund 15 Prozent der deutschen Rebfläche.
Neben den Proben der besten Rieslinge und Spätburgunder des Jahres sind bei den Schlußverkostungen für den Eichelmann-Weinführer im Heidelberger Mondo-Verlag die Verkostungen der besten Weine aus den weißen Burgundersorten das dritte Highlight. Um den unterschiedlichen Veröffentlichungsrhythmen der Weingüter, wann sie jeweils ihre Topweine dieser Rebsorten auf den Markt bringen, gerecht zu werden, stehen dabei immer Weine aus mehreren Jahrgängen gemeinsam zur Blindverkostung vor der Jury aus erfahrenen Verkostern. Bei den Weiß- und Grauburgundern waren das Weine aus den Jahrgängen 2017, 2018 und 2019, beim Chardonnay aus 2018 und 2019.
Weißburgunder
Beim Weißburgunder lagen die Bewertungen der Jury und die Einschätzung der internen GHI-Verkostung am weitesten auseinander: Das Ergebnis der Jury beschränkt sich mit dem Herzogenberg von Wöhrwag aus Württemberg, Seegers Oberklamm, Martin Wassmers Castellberg und Fritz Kellers Im Leh aus Baden und dem Einzigacker aus dem rheinhessischen Weingut Dreissigacker auf drei Weinregionen. Der GHI-Favorit Richard Östreicher stammt dagegen aus Franken, er präsentierte sicher den eigenständigsten, aber auch eigenwilligsten Weißburgunder, gefolgt vom Pfälzer Philipp Kuhn mit seinem starken, vielschichtigen Kirschgarten, der allerdings für die Heidelberger Verkostung noch nicht zur Verfügung stand. Übereinstimmung herrschte bei Jochen Dreissigackers „Einzigacker“, dem einzigen Wein in beiden Bestenlisten, Fürsts „R“ aus Franken und der zweite Pfälzer, der Mandelberg von Wehrheim, komplettieren die Liste.
Grauburgunder
Im Urteil der Jury fanden sich unter den ersten fünf Plätzen beim Grauburgunder vier badische Weingüter, Fritz Wassmer mit dem Sommerhalde, Salweys Henkenberg, der Schlossberg des Weinguts Michel und Thomas Seegers Oberklamm, dazu kommt der Nonnenberg des württembergischen Weinguts Knauss. Drei der Weine – von Seeger, Salwey und Michel – finden sich auch in der Top-Fünf der internen GHI-Verkostung, bei der ebenfalls die Badener dominieren – mit der Ausnahme des stärksten Weins, der „Am Klopp“ der Braunewell-Brüder aus Rheinhessen, der mit seiner Struktur, viel Grip, Kraft und Eleganz rundum überzeugen konnte. Dazu kommt mit Joachim Heger und seinem Wein aus dem Gewann „Gras im Ofen“ ein weiterer Badener.
Chardonnay
Insgesamt war das Niveau bei der Verkostung der Chardonnays am höchsten, was sich nahtlos in die Entwicklung der vergangenen Jahre einreiht, bei der die Chardonnays ebenfalls immer am besten abgeschnitten hatten. Dabei gibt es stilistisch eine große Bandbreite, von Weinen, die, was Finesse und Eleganz angeht, eindeutig vom Burgund beeinflusst sind, über reduktive Weine, deren Reiz sich ungeübten Gaumen zunächst wenig erschließt, bis zu Weinen, die von der deutschen Vorliebe für klare Frucht geprägt sind.
Eindeutiger Favorit der Jury war Julian Hubers Schlossberg, ein Wein, der jetzt schon faszinierend ist, sich aber im Laufe der nächsten Jahre noch weiter öffnen wird. In der weiteren Spitzengruppe lagen der „Reserve“ des württembergischen Weinguts Aldinger, der „Lange Wingert“ von Seeger aus Baden, „Opus Oskar“ von Jülg aus der Südpfalz und der „Rossbach“ des fränkischen Weinguts Östreicher.
Bei Huber und Östreicher stimmt die interne GHI-Verkostung mit der Meinung der Jury überein, dazu sind mit Michel und Fürst Betriebe unter den Top-Fünf vertreten, die auch bei den anderen Burgundersorten überzeugten, überraschend stark war daneben auch der sehr fruchtbetonte „Réserve“ von Jens Zimmerle aus Württemberg. Dahinter folgen einige weitere Weine, die der Spitzengruppe kaum nachstehen, wie Aldingers „Reserve“, der „Opus Oskar“ von Johannes Jülg, Martin Waßmers Castellberg, die „Réserve“ des Weinguts Bischel oder der „S“ von Christian Dautel – alles Weine, die deutlich demonstrieren, wie hoch das Niveau bei den deutschen Top-Chardonnays mittlerweile ist.
Jens Wagner
Verkostungsnotizen
Die Top-Fünf Weißburgunder
2019 Weißburgunder „Hölzlein“ Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach/Franken 93P
Intensives, sehr eigenwilliges Bouquet, zunächst verhalten in der Frucht, braucht viel Luft, dann Aromen von Birnenmost, Quitte und Zitrusfrüchten, auch im Mund ganz eigene Aromatik, feine Säure, komplex und sehr nachhaltig.
2019 Pinot Blanc Kirschgarten GG, Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim/Pfalz 92P
Sehr komplex in der Nase, gelbe Frucht, Birne, feine Zitrusnoten, Ananas, auch etwas nasse Wolle, wirkt am Gaumen noch sehr jung, viel klare Frucht, gut eingebundene Röstnoten, kraftvoll, druckvoll und lang.
2019 Weißburgunder „Einzigacker“, Weingut Dreissigacker, Bechtheim/Rheinhessen 92P
Zunächst leicht verhalten, wird mit Luft immer komplexer, Birne und Honigmelone, feine rauchige Noten, im Mund noch sehr jugendlich, konzentriert, stoffig, cremige Textur, sehr lang.
2018 Weißer Burgunder „R“, Weingut Rudolf Fürst, Bürgstadt/Franken 92P
Sehr reintönig im Bouquet mit Aromen von Birne, Aprikose, floraler Würze und sehr dezentem Holzeinsatz, kraftvoll am Gaumen, auch hier sehr reintönig, Frische und ein subtiles Säurespiel.
2019 Weißburgunder Mandelberg GG, Weingut Dr. Wehrheim, Birkweiler/Pfalz 92P
Eindringlicher Duft mit feiner, klarer Frucht, Birne, Aprikose, etwas Zitrusfrucht, dazu florale und kräutrige Noten, am Gaumen kraftvoll, sehr präsent und nachhaltig.
Die Top-Fünf Grauburgunder
2019 Grauer Burgunder Essenheim Am Klopp, Weingut Braunewell, Essenheim/Rheinhessen 92P
Helles zwiebelschalenrosé, feines Bouquet, Zitruswürze, Ananas und sehr dezentes Holz, am Gaumen stoffig, mit Schmelz und guter Struktur, animierend und trotz aller Kraft auch elegant.
2019 Grauer Burgunder Oberklamm GG, Weingut Seeger, Leimen/Baden 92P
Viel klare, reintönige Frucht im Duft, Aromen von Aprikose, Pfirsich, Honigmelone und Zitrusfrüchten, feine Röstnoten, kraft- und druckvoll mit gut eingebundenem Holz und einem animierenden Säurespiel.
2018 Grauburgunder Hinter Winklen Gras im Ofen GG, Weingut Dr. Heger, Ihringen/Baden 92P
Eindringliches Bouquet mit Aromen von Birnenmost, Honigmelone und nussigen Noten, am Gaumen konzentriert und kraftvoll, mit Schmelz, gutem Grip und Länge.
2017 Grauburgunder Henkenberg GG, Weingut Salwey, Oberrotweil/Baden 91P
Noch deutliche Röstnoten im Bouquet, fast keine Frucht, etwas Gummiabrieb, auch am Gaumen sehr eigenständig, noch leicht reduktiv, mit Kraft und frischer Säure, ein Wein, der hervorragend reifen wird.
2019 Grauer Burgunder Schlossberg GG, Weingut Michel, Achkarren/Baden 91P
Feine nussige und kräutrige Noten, erst mit Luft auch klare Frucht, Birne, Honigmelone, am Gaumen mit Kraft und Schmelz, guter Struktur und Eleganz.
Die Top-Fünf Chardonnay
2018 Chardonnay Schlossberg GG, Weingut Bernhard Huber, Malterdingen/Baden 94P
Sehr feines, komplexes Bouquet, etwas Birnenmost, Brotkruste, dezent Pfirsich, am Gaumen etwas Zitrusnoten und ein subtiles Säurespiel, elegant, präzise und sehr nachhaltig, für die Reife gemacht.
2019 Chardonnay „Rossbach“ Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach/Franken 93P
Präsentes Bouquet mit klarer Frucht, Birne, Quitte und Zitrusnoten, Kraft und gute Struktur am Gaumen, frische Säure, druckvoll, präzise und nachhaltig, wirkt insgesamt noch sehr jung.
2019 Chardonnay Schlossberg GG, Weingut Michel, Achkarren/Baden 93P
Dezente gelbe Frucht, Birne, Melone, feine nussige Noten und gut verwobene Holzwürze, am Gaumen mit viel Saft, Finesse und Eleganz, leicht cremige Textur und sehr nachhaltig.
2019 Chardonnay „Réserve“, Weingut Zimmerle, Korb/Württemberg 93P
Viel klare Frucht im Duft, Pfirsich, Zitrusnoten, Ananas, dazu feine Röstnoten, auch am Gaumen fruchtbetont, mit Kraft, Fülle und guter Struktur, sehr nachhaltig.
2018 Chardonnay „R“, Weingut Rudolf Fürst, Bürgstadt/Franken 93P
Deutliches Holz in der Nase, rauchige Noten, auch etwas Walnußschale, am Gaumen noch sehr jugendlich, mit Kraft, guter Struktur und feinen Zitrusnoten, präzise und sehr nachhaltig.