Große Verkostung: Die besten deutschen Rieslinge 2019

Die Verkostung der besten Rieslinge des neuen Jahrgangs ist jedes Jahr eine spannende Herausforderung. Und um es gleich vorwegzunehmen: Selten war die Leistungsdichte unter den deutschen Top-Rieslingen so hoch wie in diesem Jahr!

Nach dem sehr heißen und trockenen Jahrgang 2018, der einigen Anbaugebieten die früheste Ernte aller Zeiten und vielen Weingütern reichliche Erträge bescherte, war auch 2019 wieder kein einfacher Jahrgang: Im Winter 2018/19 hatte es wenig geregnet, so dass es keine Wasserreserven gab, was durch vereinzelte Regenfälle im Sommer immerhin etwas ausgeglichen werden konnte. Nach einem frühen Austrieb und der Blüte Anfang Juni sah es zunächst wieder nach einem frühen Lesebeginn wie im Vorjahr aus, Trockenheit und Hitze Ende Juli und Anfang August führten dann aber fast zum Erliegen der Vegetation und ließen die Trauben kleinbeerig bleiben. Probleme mit Rebkrankheiten oder Schädlingen gab es jedoch dank der heißen Witterung kaum. So konnten die Winzer bei der Lese, die je nach Gebiet zwischen Anfang und Mitte September begann, fast überall sehr gesunde und hochreife Trauben ernten. Die Top-Rieslinge des Jahres haben eine ausgeprägte Säurestruktur, besitzen Frische und Balance bei größtenteils moderaten Alkoholwerten: Ein Jahrgang, der hervorragend reifen dürfte!

Nach einer umfangreichen, strengen Vorauswahl zusammen mit den Gebietsverkostern und auch im Rahmen der Vorpremiere der Großen Gewächse des VDP Ende August in Wiesbaden, standen schließlich 26 verdeckte Rieslinge zur Blindverkostung im Finale beim Mondo-Verlag in Heidelberg auf den Tischen. Acht Anbaugebiete waren vertreten, wie schon im Vorjahr stellte Rheinhessen mit zehn Weinen die meisten Finalisten, aus der Pfalz und dem Rheingau kamen vier Weine, drei von der Nahe, zwei aus Franken, Baden, die Mosel und Württemberg stellten je einen Wein. Und wie schon 2018 schnitt auch 2019 Rheinhessen im Urteil der Jury aus sechs professionellen Verkostern überragend ab, belegte dieses Mal gleich sieben der Top-Ten-Plätze, flankiert von je einem Wein aus Franken, der Pfalz und von der Nahe.

Die Bewertungen der zehn Top-Gewächse aus 2019 waren sehr hoch, zudem lag das Feld dicht gepackt zusammen, die Durchschnittsbewertungen der
sechs Jurymitglieder lagen jeweils deutlich über 93 Punkten. Eine große Überraschung war das starke Abschneiden der Brüder Christian und Stefan Braunewell aus Essenheim im nördlichen Rheinhessen mit ihrem Teufelspfad, der zudem der günstigste Wein im Finale war. Keine Überraschung hingegen, dass Klaus Peter Keller gleich mit zwei Weinen, seinem ungleich teureren Kultwein G-Max und der Abtserde, unter den zehn Besten des Jahres vertreten war. Christian und Matthias Runkel vom Weingut Bischel, seit 2019 VDP-Mitglied, bestätigten ihre starke Vorjahresleistung mit ebenfalls gleich zwei Weinen – Scharlachberg und Hundertgulden – unter den ersten zehn, Daniel Wagner vom Weingut Wagner-Stempel krönte seine vielleicht stärkste Kollektion mit einem überragenden Scharlachberg und auch Philipp Wittmann steuerte wieder einen sehr tiefgründigen Morstein bei, der aber imGesamturteil etwas hinter dem Giganten aus dem Vorjahr zurückblieb. Steffen und Andres Rings aus Freinsheim stellten mit ihrem Saumagen zum zweiten Mal in Folge den stärksten Riesling aus der Pfalz, Frank Schönleber vom Weingut Emrich-Schönleber an der Nahe konnte einmal mehr das überragende Terroir seines Halenbergs beweisen und der tiefsaftige Maustal der Familie Luckert vom fränkischen Zehnthof war der fruchtbetonteste Riesling im Finale.

Auch der Sieger der internen GHI-Verkostung stammt mit Philipp Wittmann aus Rheinhessen, sein Morstein vereint Kraft, Eleganz und Länge, knapp dahinter rangierte Emrich-Schönlebers Halenberg, ein Wein der Jahr für Jahr zu dem markantesten Rieslingen des Landes zählt und auch gereift immer ein Erlebnis ist. Steffen und Sophie Christmanns herrlich mineralisch-würziger und puristischer Idig tauchte in der Top Ten der Jury ebensowenig auf, wie Theresa Breuers ganz eigenständiger, kraftvoller Berg Schlossberg. Einig waren sich alle Verkoster hingegen über die Klasse des enorm komplexen und druckvollen Saumagens der Rings-Brüder – sicherlich der neue Maßstab für Rieslinge aus dieser großen Lage – und den Teufelspfad des Weinguts Braunewell, der unter den Top-Rieslingen der feingliedrigste war, ein Wein, den man deswegen vielleicht auch erst auf den zweiten Schluck richtig zu schätzen weiß.

Jens Wagner


Die besten Rieslinge

2019 Morstein GG, Weingut Wittmann, Rheinhessen 95 Punkte

Enorm konzentriertes, komplexes Bouquet, kräutrige-mineralische Noten, noch verhaltene Frucht, etwas grüner Apfel, auch am Gaumen dunkle, tiefgründige kräutrige Würze, herb, druckvoll, sehr lang.

2019 Halenberg GG, Weingut Emrich-Schönleber, Nahe 95 Punkte

Feine, dezente gelbe Frucht, etwas Aprikose im Bouquet, dazu die lagentypischen schiefrig-steinigen Noten, am Gaumen herbe Zitruswürze, auch hier ist der Wein kräutrig und steinig, sehr mineralisch und salzig, animierend und nachhaltig.

2019 Saumagen GG, Weingut Rings, Pfalz 95 Punkte

Braucht viel Luft, zeigt dann im Bouquet kreidige Würze und dezente Frucht, etwas gelben Apfel, am Gaumen herbe Zitruswürze und viel Grip, sehr animierend, steht noch ganz am Anfang seiner Entwicklung.

2019 Idig GG, Weingut Christmann, Pfalz 94 Punkte

Vielschichtiges Bouquet mit markanter mineralischer Würze, Noten von nassem Stein, etwas gelber Apfel, Wachs und Brotkruste, am Gaumen herbe Zitrusnoten und viel Druck, sehr elegant, präzise, geradlinig und nachhaltig.

2019 Berg Schlossberg, Weingut Georg Breuer, Rheingau 94 Punkte

Ganz eigene Nase, steinig und kräutrig, etwas Rooibuschtee, gelber Apfel, am Gaumen Kraft und Saft, leichte, geschmeidige Süße, aber auch klarer, markanter Säuregrip, noch sehr jung.

2019 Teufelspfad, Weingut Braunewell, Rheinhessen 94 Punkte

Kräutrige Würze, etwas Wachs und Schwarztee im Bouquet, sehr dezente Frucht, etwas grüner Apfel, am Gaumen herb, druckvoll, animierend, sehr feingliedriger, eleganter Riesling.

Weitere Weine mit 93 Punkten in alphabetischer Reihenfolge der Weingüter:

2019 Hundertgulden GG, Weingut Bischel, Rheinhessen 93 Punkte

Im Bouquet noch ganz leichte Noten von der Spontangärung, auch kräutrige Würze, im Mund Kraft und gute Konzentration, herb und sehr nachhaltig.

2019 Scharlachberg GG, Weingut Bischel, Rheinhessen 93 Punkte

Sehr klare, direkte Frucht in der Nase, Zitrusnoten, Ananas, am Gaumen dann Saft und Kraft, viel gelbe Frucht, Steinobst, viel Druck, beachtliche Länge und ein animierender Säurenerv.

2019 G-Max, Weingut Keller, Rheinhessen 93 Punkte

Deutliche Kräuternoten im sehr intensiven Bouquet, Rooibuschtee, auch etwas gelber Apfel und steinige Würze, am Gaumen nachhaltig und schon sehr präsent, wird hervorragend reifen und sich dann noch deutlich steigern.

2019 Hundertgulden, Weingut Knewitz, Rheinhessen 93 Punkte

Noch leicht verhaltenes Bouquet, etwas Sponti-Noten, Walnuß, am Gaumen dann Kraft und gute Konzentration, dezente Frucht, etwas grüner Apfel, animierend und salzig.

2019 Schwarzer Herrgott GG, Weingut Philipp Kuhn, Pfalz 93 Punkte

In der Nase Kreide, nasser Stein, Kräuter und Brotkruste, im Mund dann sehr konzentriert, dichte Textur mit festem Kern, sehr eigenständiger, beeindruckender Riesling.

2019 Oberklamm GG, Weingut Seeger, Baden 93 Punkte

Deutliche Röstnoten im Bouquet, dazu viel gelbe Frucht, Pfirsich, Ananas, Apfel, am Gaumen ebenfalls viel klare Frucht, dezente Süße, feiner Druck und Länge.

2019 Scharlachberg GG, Weingut Wagner-Stempel, Rheinhessen 93 Punkte

In der Nase noch sehr verschlossen, dezente Würze von der Spontangärung, dreht dann aber am Gaumen auf, druckvoll, geradlinig, herb, präzise und sehr nachhaltig.

2019 Aulerde GG, Weingut Wittmann, Rheinhessen 93 Punkte

Kräuternoten in der Nase, noch etwas verhalten, auch am Gaumen findet sich dann eine dunkle, kräutrige Würze, besitzt Kraft, ist herb, animierend und sehr lang.

2019 Maustal GG, Weingut Zehnthof, Franken 93 Punkte

Leicht steinige Noten im Bouquet, auch klare gelbe Frucht, Steinobst, besitzt auch am Gaumen viel Frucht, dazu kräutrige Würze, sehr vielschichtig, sehr gute Länge.

Nach oben