Große Verkostung: Die besten Spätburgunder Deutschlands
Die Verkostung der besten Rotweine des Jahrgangs 2017 zeigte einmal mehr, dass wohl in keinem Bereich des Weinbaus in Deutschland derzeit so viel in Bewegung ist, wie beim Spätburgunder. Vor allem aus den Weinbaugebieten Baden, Pfalz, Württemberg und von der Ahr kamen Weine, die sich auch im internationalen Vergleich behaupten können – und es werden von Jahr zu Jahr mehr. Stilistisch geht der Trend eindeutig weiter zu mehr Feinheit, Schliff, Kühle (Stichwort „cool climate“), weniger Holz und niedrigerem Alkohol, ganz nach dem Vorbild der Spitzenweine aus dem Burgund.
Badische Winzer wie Huber, Salwey, Waßmer, Seeger oder Keller setzen auf Terroir und burgundische Klone. Über die Hälfte deren angestellter Grossen Gewächse rissen – für die Verkoster gar nicht mal so überraschend – locker die Latte von 93 Punkten, die es zu überspringen galt, um unter die besten Zehn zu kommen.
Die Hackordnung ist hier so gut wie zementiert: Es ist fast schon langweilig, aber Julian Huber flog mit seinem Wildenstein mal wieder am höchsten. Der Wein ist zwar kräftiger als frühere Jahrgänge, aber immer noch sehr elegant, vielleicht mit noch harmonischer angepasster Holznote. Bundesweit betrachtet ist Baden beim Spätburgunder also mal wieder unangefochten die Nummer Eins. Mit seinen fast 16.000 Hektar Rebfläche und einem durchschnittlichen Mostertrag von einer Million Hektolitern ist es das drittgrößte Weinbaugebiet der Bundesrepublik. Die meisten Reben dieser Sorte stehen in Baden (5.400 ha) – mit einem Schwerpunkt am Kaiserstuhl. Daneben zählen die Pfalz (1.700 ha), Rheinhessen (1.500 ha), Württemberg (1.300 ha) sowie der Rheingau (390 ha) und die Ahr (370 ha) zu den wichtigen Anbaugebieten für Spätburgunder. In allen Anbaugebieten, mit Ausnahme der Mosel, zählt er zu den klassischen Rebsorten. Baden repräsentiert inzwischen zirka die Hälfte der gesamten deutschen Spätburgunder-Fläche, reicht am weitesten nach Süden und gehört als einziges in Deutschland zur Weinbauzone B der EU – wie das Elsass, die Champagne oder das Loiretal. Der Pinot noir oder Spätburgunder, der 2017 um den Kaiserstuhl noch wuchtiger wie in der Pfalz und feuriger als an der Ahr geriet, ist denn auch die Rotweinsorte par excellence für diese von der Sonne verwöhnte Anbaugebiet. Wer 2017 den richtigen Lesezeitpunkt gewählt hat, konnte reifes, gesundes Traubengut einfahren, was in aller Regel einen großen Wein versprach. Frucht und Fülle ließen sich, zumindest von den Spitzenbetrieben, mit Eleganz und Tiefe vereinen. Bestätigung dafür erhielten wir bei einer Blindverkostung bei Mondo in Heidelberg, wo die 35 besten Gewächse der wiederum besten deutschen Erzeugern für die Finalrunde der Rebsorte angestellt wurden – 17 davon aus Baden, sechs aus der Pfalz, vier aus Württemberg, je drei aus Franken und der Ahr und zwei aus Rheinhessen.
Überall ist der Spätburgunder eine Rebsorte, die anspruchsvolle Winzer reizt. Sie ist die Diva – grandios, wenn man sie wie Julian Huber, Stephan Knipser, Werner Näkel oder Thomas Seeger, bei Laune hält. Doch allzu rasch „beleidigt“, verliert sie die meisten ihrer Vorzüge – auch solche standen auf dem Tisch in Heidelberg. Wenn der rote Pinot so gelingt wie die ersten fünf der Mondo-Verkostung, gehört er mit betörender Samtigkeit (Seeger), undurchschaubaren, fast sinnlichen Aromen (Huber) und einer unerhörten Mischung aus maskulinen (Keller + Knipser) und femininen Elementen (Meyer-Näkel) zu den größten Weinen überhaupt. Es zeigte sich dass vor allem Badische und Pfälzer Winzer auf dem Weg dorthin mit Riesenschritten vorankommen – mit einigem Abstand zur Ahr und Württemberg. In Franken gibt es endlich mal einen Wow-Wein abseits der üblichen Verdächtigen – der Maustal vom Zehnthof Luckert entpuppte sich als duftigzart, elegant und richtig, richtig gut. Er kam unter die Top-Ten. Die Zahl der richtig guten und hervorragenden roten Burgunder also wächst und wächst weiter in Deutschland: Schmelz, Samtigkeit, möglichst vielschichtige Frucht und harmonisch eingepasste Holznote zeichnen eine Vielzahl der Spitzengewächse von Heger, Salwey, Fürst, Klaus Keller, oder Schlör aus, die ebenfalls auf dem Finaltisch standen. Sie gefielen durch ihre Typizität und Charakter sowie zum Teil kompakte (manchmal aus kantige) Tannine, auch wenn sie es nicht schafften, unter die Top-Five zu kommen.
Verkostungsnotizen
2017 Wildenstein GG, Huber, Malterdingen/Baden 96 / 100 Pkt.
Herrlich klare, reife Kirschfrucht im Bouquet, dezent Toast, weich, harmonisch, wirkt noch recht jugendlich,
eleganter Stil, feine Frucht und herrlicher Biss.
2017 Blauer Spätburgunder „RRR“, Seeger, Leiwen/Baden 95
Fruchtig, rauchige Noten im Bouquet, gute Konzentration, viel reife Kirschfrucht am Gaumen, reintönig,
elegant und nachhaltig.
2017 Kirschgarten GG, Knipser, Laumersheim/Pfalz 95
Kirschfrucht und mineralische Noten im Bouquet, saftige Frische, dezent Vanille, füllig, kraftvoll und nachhaltig,
jugendliche Tannine.
2017 Eichberg GG, Keller, Oberbergen/Baden 94+
Reife Sauerkirschfrucht im Bouquet, anfangs leicht streng, dann feine Frucht am Gaumen, etwas Kaffee,
Gewürze und Toast, dicht und nachhaltig.
2017 Pfarrwingert GG, Meyer-Näkel, Dernau/Ahr 94
Noten von Kirschen, dunkle Waldbeeren und Vanille im Bouquet besticht durch Eleganz, Reintönigkeit,
gute Konzentration am Gaumen, klar und harmonisch.
2017 Schlossberg GG, Steintal, Klingenberg/Franken 93+
Würziger Waldbeerenduft, dabei dunkle Beerenfrucht mit einer Spur Holzsüße, kraftvoll und fleischig,
schönes Spiel von Säure und Frucht, weiches Tannin.
2017 Schlossberg GG, Huber, Malterdingen/Baden 93+
Große Eleganz und Feinheit im Bouquet, rassige frische Kirschfrucht, elegantes Mineral, diskrete,
aber noble Holzsüße, frisch und noch etwas verschlossen.
2017 Centgrafenberg GG, Fürst, Bürgstadt/Franken 93+
Präsente, würzige Kirschenfrucht im Bouquet, kraftvoll und noch etwas wild, sehr athletische Erscheinung
mit eleganter und äußerst lebendiger Säure.
2017 Lämmler GG, Schnaitmann, Fellbach /Württemberg 93
Beerige Aromatik, dominiert von Brombeernoten, im Bouquet. Warm, beerig und würzig am
Gaumen. Spürbare, dennoch weiche Tanninpräsenz, easy drinking!
2017 Maustal GG, Zehnthof, Sulzfeld/Franken 92
Feines Bouquet mit viel Frucht und Würze: Noten von Kirsche, Cassis und Süßholz. Klar und feinsaftig
am Gaumen, wirkt elegant, feine Tannine, gute Balance.
Weitere Weine über 90 Punkte
2017 Saumagen, Rings, Freinsheim/Pfalz
2017 Hundsrück GG, Fürst, Bürgstadt/Franken
2017 Feuerberg GG, Bercher, Burgheim/Baden
2017 Schupen GG, Dautel, Bönnigheim/Württemberg
2017 Kirchgasse GG. Wöhrle, Lahr/Baden
2017 Oberer First GG, Schlör, Reicholsheim/Baden
2017 Oberklamm GG, Seeger, Leimen/Baden
2017 Häusleboden GG, Heger, Ihringen/Baden
2017 Alte Reben, Stodden, Rech/Ahr
2017 Frauenberg, Keller, Flörsheim-Dalsheim/Rheinhessen