Verkostung: Die besten Rieslinge Deutschlands

Nach drei sehr heißen Jahren machte schon bald nach der Weinlese des kühleren und regnerischen Jahres 2021 das Wort von einem „klassischen Jahrgang“ die Runde. Doch wie kamen Deutschlands Topwinzer wirklich mit dem schwierigen Jahrgang zurecht? Wir haben es bei der Verkostung der besten 2021er Rieslinge nachgeprüft.

Die drei Jahrgänge 2018, 2019 und 2020 waren von sehr heißen und trockenen Sommern geprägt. Die Hitze führte in den Jahren zu einer frühen Reife der Trauben und damit auch zu einem außerordentlich frühen Beginn der Weinlese schon im August. Sogar die Spitze der trockenen Weine, die Großen Gewächse, wurden oft schon Anfang September geerntet. Der richtige Lesezeitpunkt und ein schnelles Agieren der Winzer war in diesen Jahren extrem wichtig – zu langes Warten konnte schnell zu überreifem Lesegut führen.  

2021 stellte die Winzer dann aber vor ganz andere Herausforderungen: Im regnerischen Mai trieben die Reben deutlich später als in den Vorjahren aus und auch im Juni wollten sich noch keine sommerlichen Temperaturen einstellen. Bis weit in den August blieb der Sommer dann zwar warm, aber zugleich auch feucht. Neben dem verzögerten Wachstum entstand so in den Weinbergen ein  hoher Pilzdruck, da der häufige Regen ideale Voraussetzungen für den falschen Mehltau bot, den die Winzer nur mit viel Aufwand im Griff behalten konnten.

Der September brachte schließlich die Rettung für den Jahrgang: Stabiles, trockenes Wetter mit viel Sonne und kühlen Nächten sorgte dafür, dass die Trauben gut ausreifen konnten. Die Winzer konnten sich so Zeit für die Lese lassen. Die Bedingungen erinnerten viele an die Zeit vor dem Klimawandel, weshalb dann 2021 schnell als „klassischer Jahrgang“ bezeichnet wurde, mit moderaten Alkoholwerten und Frische, aber auch mit guter Konzentration und hohen Extraktwerten. Vor allem die Rieslinge weisen oft eine markante Säurestruktur auf, was zu einer guten Reifefähigkeit der besten Weine des Jahrgangs führt. 

Die markante Säure der Rieslinge stellte für die Verkoster der noch jungen Weine aber auch eine besondere Herausforderung dar. Das war bei der Vorpremiere der Großen Gewächse des VDP Ende August in Wiesbaden genauso wie zwei Wochen später bei der Schlussverkostung zum Weinführer Eichelmann – Deutschlands Weine. 26 Rieslinge des Jahrgangs 2021 standen in den Räumen des Heidelberger Mondo-Verlags verdeckt zur Verkostung vor den Jurymitgliedern: Genau die Hälfte stammte aus Rheinhessen, sechs Weine kamen aus der Pfalz, jeweils zwei aus dem Rheingau und von der Nahe und jeweils ein Wein aus Baden, Franken und Württemberg.

Selten war sich die Jury dann bei der Spitze so einig wie in diesem Jahr und was sich schon bei der Vorauswahl angedeutet hatte, bestätigte sich im Ergebnis der Blindverkostung: Rheinhessen und die Pfalz waren die dominierenden Anbaugebiete. Auch in der Einschätzung des GHI-Verkosters fanden sich auf den ersten 15 Plätzen neun Rieslinge aus Rheinhessen, fünf aus der Pfalz und ein Wein von der Nahe. Dabei gelang es mehreren Weingütern, sich mit jeweils zwei Rieslingen zu platzieren: Allen voran die Gebrüder Runkel vom Weingut Bischel in Rheinhessen mit Hundertgulden und Scharlachberg und der Pfälzer Philipp Kuhn mit Saumagen und Schwarzem Herrgott, vier puristische, präzise und ungemein salzig-mineralische Weine. Auch Steffen und Andreas Rings brillierten mit ihrem Großen Gewächs aus dem Saumagen und ihrem Kreid, einem Wein aus einer besonderen Parzellen im Saumagen, womit diese Lage gleich dreimal unter den Topweinen vertreten war.

Drei weitere rheinhessische Weingüter waren mit je zwei Weinen in der Spitze präsent, Philipp Wittmann ist mit Morstein und Brunnenhäuschen fast schon auf Topplatzierungen abonniert und auch Christian und Axel Braunewell waren schon in den Vorjahren mit ihrem Teufelspfad in der Spitze zu finden, in diesem Jahr ergänzt vom G700, dessen Trauben ebenfalls aus dem Teufelspfad stammen und im Granitei ausgebaut wurden. Die Überraschung im Finale kam von einem weiteren Brüderpaar, Peter und Fritz May vom Weingut Karl May, die mit ihren ungemein saftigen, von feiner Frucht getragenen Rieslingen aus Morstein und Goldberg vertreten waren.

Mit dem Weingut Knewitz war neben dem Weingut Bischel ein zweiter Betrieb aus dem rheinhessischen Appenheim sehr gut platziert, der Steinacker von Tobias Knewitz beeindruckte dabei mit einer enormen Länge, der Idig von Steffen und Sophie Christmann war dagegen, wie oft im jugendlichen Stadium, noch sehr verschlossen und ganz puristisch, während das Weingut Emrich-Schönleber mit seinem Klassiker aus dem Halenberg als einziges Weingut die Fahne der Nahe hochhalten konnte. Eines eint die 15 Top-Rieslinge: Alle werden erst in einigen Jahren ihr ganzes Potential zeigen. Es dürfte spannend werden, wie sich die Weine in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren entwickeln.

Jens Wagner

Die 15 Top-Rieslinge des Jahrgangs 2021

2021 Hundertgulden GG, Weingut Bischel, Appenheim/Rheinhessen 96 Punkte

Sehr komplexes Bouquet, feine, differenzierte Zitrusnoten, gelber Apfel, Apfelmost, steinige Würze; auch am Gaumen klare Frucht, Ananas, viel Druck, kraftvoll, salzig, faszinierende Länge. 

2021 Saumagen GG, Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim/Pfalz 96 Punkte

Feiner, vielschichtiger Duft nach Kräutern, Rosmarin, Kreide, nassem Stein und Zitrusnoten; kraftvoll, steinig-mineralische Würze, auch feine Frucht, druckvoll, enorm nachhaltig.

2021 Morstein GG, Weingut Wittmann, Westhofen/Rheinhessen 95 Punkte

Leicht rauchige Noten im Bouquet, etwas Zündplättchen, auch hefige Würze, Brotkruste; am Gaumen konzentriert, druckvoll, animierend, salzig-mineralisch und sehr nachhaltig.

2021 Steinacker GG, Weingut Knewitz, Appenheim/Rheinhessen 95 Punkte

Noch leicht verhaltene, rauchig-reduktive Noten im Bouquet, etwas Kräuterwürze; am Gaumen auch feine, dezente Frucht, mineralisch, salzig-animierend, beeindruckende Länge. 

2021 Saumagen GG, Weingut Rings, Freinsheim/Pfalz 95 Punkte

Rauchig-mineralische Noten, Schießpulver, etwas warmes Leder; am Gaumen mit viel Luft auch dezente Frucht, Aprikose, viel Grip und Druck, sehr salzig, enorm nachhaltig.

2021 Scharlachberg GG, Weingut Bischel, Appenheim/Rheinhessen 94+ Punkte

Noch leicht verschlossen, rauchige und reduktive Noten, etwas Schießpulver; im Mund dann auch klare gelbe Frucht, herbe Ananas, kraftvoll, sehr salzig und nachhaltig.

2021 Kreid, Weingut Rings, Freinsheim/Pfalz 94 Punkte

Deutliche Reduktion, Zündplättchen, etwas herbe Zitrusfrucht; am Gaumen viel Druck, markante, animierende Säure, puristisch, präzise, sehr nachhaltig, wird hervorragend reifen.

2021 Schwarzer Herrgott GG, Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim/Pfalz 94 Punkte

Feine Reduktion, etwas Schießpulver, kreidige, kräutrige und steinige Noten im Bouquet; am Gaumen viel Grip und Druck, herbe, animierende Zitruswürze, salzig, sehr nachhaltig.

2021 Halenberg GG, Weingut Emrich-Schönleber, Monzingen/Nahe 94 Punkte

Noch leicht verhalten, etwas Kräuter, nasser Stein und feine Zitrusnoten im Duft; im Mund dann klare, saftige Frucht, etwas Fülle, viel Grip und gute Länge.

2021 Brunnenhäuschen GG, Weingut Wittmann, Westhofen/Rheinhessen 93 Punkte

Rauchiges Bouquet, Schießpulver; im Mund herbe Zitrusfrucht, Ananas, Grip, animierende Säure und gute Länge.

2021 Idig GG, Weingut Christmann, Gimmeldingen/Pfalz 93 Punkte

Zunächst sehr verhalten, deutliche Reduktion, mit viel Luft dann kräutrige Noten, Rosmarin; am Gaumen animierende Limettennoten, puristisch, sehr salzig und nachhaltig.

2021 Goldberg, Weingut Karl May, Osthofen/Rheinhessen 93 Punkte

Steinig-mineralische und kräutrige Würze im Duft; am Gaumen feine Aprikose, animierende Säure, guter Grip und Länge.

2021 Teufelspfad, Weingut Braunewell, Essenheim/Rheinhessen 93 Punkte

Sehr eigenes Bouquet, rauchige Noten, etwas mürber Apfel, Birne; am Gaumen leicht cremig, klare gelbe Frucht, animierend und druckvoll. 

2021 Morstein, Weingut Karl May, Osthofen/Rheinhessen 93 Punkte

Viel feine gelbe Frucht im Bouquet, Aprikose, Pfirisch, Zitrusnoten; auch im Mund deutliche Frucht, frisch, animierend, präzise und nachhaltig.

2021 G700, Weingut Braunewell, Essenheim/Rheinhessen 93 Punkte

Zunächst dezente gelbe Frucht, wird mit Luft deutlicher, Pfirsich, Aprikose, Limette; am Gaumen viel Kraft und Saft, gute Länge.

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