Verkostung: Die besten Rotweine Deutschlands

Rund ein Drittel der deutschen Weinbaufläche ist mit roten Sorten bepflanzt. Darunter hat wiederum der Spätburgunder einen Anteil von einem Drittel – aber die international unter dem Namen Pinot Noir bekannte Rebsorte ist nicht die einzige Sorte, aus der in Deutschland spannende Rotweine erzeugt werden. Wir haben Ihnen die besten deutschen Spätburgunder und die Favoriten bei Lemberger und Syrah zusammengestellt.

In Sachen deutscher Rotwein ist der Spätburgunder die Königsklasse. Die Verkostung der besten Spätburgunder des Jahres im Rahmen der Proben zum Weinguide „Eichelmann, Deutschlands Weine“ in den Räumen des Heidelberger Mondo-Verlags ist dabei aus mehrfacher Hinsicht spannend: Zum einen wird ausgelotet, zu was der Jahrgang in der Spitze fähig ist – aber die Verkostung dient auch der Bestandsaufnahme, wie deutsche Spätburgunder im internationalen Vergleich dastehen. Denn nach Frankreich und den Vereinigten Staaten steht Deutschland beim Anbau von Spätburgunder auf dem dritten Platz. Die Anbaufläche von etwas über 11.000 Hektar ist seit über zehn Jahren konstant, damit steht jede zehnte der weltweit kultivierten Spätburgunder-Reben in deutschen Weinbergen.
Das Fazit vorweg: Auch der Jahrgang 2019 war, wie schon 2018, wieder von hohen Temperaturen im Sommer und ab Ende Juli auch von einer weit verbreiteten Trockenheit geprägt. Das führte zwar zu Problemen mit Sonnenbrandschäden an den Beeren, aber dafür gab es kaum Probleme mit Rebkrankheiten oder Schädlingen. Die Winzer konnten so, eine strenge Sortierung vorausgesetzt, sehr gesunde und hochreife Trauben einbringen. Die Spitze des Jahrgangs kommt aber nicht ganz an die sehr hohen Bewertungen des Vorjahres heran, auch wenn insgesamt die Spitze wieder sehr breit ist.

Die zweite Erkenntnis ist, das deutsche Spätburgunder international betrachtet nach wie vor ein Geheimtipp sind, da sich das hohe Niveau in der Spitze noch nicht herumgesprochen hat. Und auch wenn einige Winzer für ihre Weine mittlerweile Preise im niedrigen dreistelligen Bereich aufrufen, sind die Preise im direkten Vergleich mit Pinot Noirs aus dem Burgund oder von der amerikanischen Westküste immer noch sehr günstig und viele Weine besitzen ein ausgezeichnetes Preis-Qualitäts- und nicht zuletzt auch Preis-Genuss-Verhältnis.
Welche Weine bei der Verkostung in Heidelberg verdeckt vor der Jury stehen, ist das Ergebnis eines sorgfältigen Auswahlprozesses: Die für die jeweiligen Weinregionen zuständigen Redakteure küren während ihrer umfangreichen Verkostungen ihre Favoriten der Rebsorte, die sich dann in der Heidelberger Schlussverkostung dem Urteil aller Verkoster stellen müssen. So standen Spätburgunder aus sechs Anbaugebieten im Finale, zwölf Weine aus Baden, wo sich mit über 5.000 Hektar fast die Hälfte der mit der Sorte bestockten Fläche befindet, jeweils fünf Weine von der Ahr und aus der Pfalz, drei aus Rheinhessen und Württemberg und zwei aus Franken.
Die höchste Durchschnittsbewertung im Urteil der Jury kam aus dem württembergischen Fellbach, der sehr feingliedrige und elegante Lämmler-Spätburgunder von Markus Heid, der zugleich der günstigste Wein der Verkostung war, gleich hoch bewertet wurden der Pinot Noir Réserve der Brüder Runkel vom rheinhessischen Weingut Bischel, einer der Shooting Stars der vergangenen Jahre, und der Spätburgunder Alte Reben vom Routinier Alexander Stodden von der Ahr. Dahinter folgte eine ganze Reihe weiterer bekannter Namen wie der Felsenberg der Rings-Brüder, die Gärkammer von Adeneuer, die Sommerhalde von Fritz Waßmer, der Kirschgarten von Knipser und der Oberer First von Schlör.

Die Top-Fünf der GHI-Verkostung unterscheiden sich leicht, aber auch hier wurden die Weine der Weingüter Heid und Bischel am höchsten bewertet, gefolgt vom Kirschgarten des Weinguts Knipser, der seit etlichen Jahren immer verlässlich zur deutschen Spitze gehört, dem raren Steinriese von Fritz und Friedrich Keller vom Kaiserstuhl und dem Felsenberg von Rings – fünf Weine, die alle durch ihre Eleganz überzeugen und die, auch wenn sie jung teilweise schon sehr charmant und zugänglich sind, erst in einigen Jahren ihr ganzes Potential enthüllen werden.
Auch wenn dem Spätburgunder in puncto Eleganz und Frische keine andere in Deutschland angebaute rote Sorte den Rotweinthron strittig machen kann, gibt es doch von Jahr zu Jahr auch mehr spannende Rote aus anderen Sorten. Besonders beim Lemberger, den manche Winzer auch nach der in Österreich gebräuchlichen Bezeichnung als Blaufränkisch auf den Markt bringen, ist vermehrt ein Trend weg von zu viel Kraft und zu viel Holz und hin zu mehr Finesse erkennbar. Während der Lemberger bis auf wenige Ausnahmen noch eine rein württembergische Angelegenheit ist, bringt der Syrah vor allem in der Pfalz einige starke Weine hervor. Die Anbaufläche der Sorte ist allerdings in Deutschland noch so gering, dass sie kaum in den offiziellen Statistiken auftaucht. Das könnte sich allerdings mit dem fortschreitenden Klimawandel in Zukunft ändern, weshalb wir hier neben drei ausgesuchten Lembergern noch zwei hervorragende Syrahs empfehlen möchten.

Jens Wagner

Verkostungsnotizen

Die Top-Fünf Spätburgunder des Jahrgangs 2019

2019 Spätburgunder Lämmler GG, Weingut Heid, Fellbach/Württemberg 95P
Sehr intensives, komplexes Bouquet, rote Johannisbeere, Sanddorn, auch kräutrige Noten, frisch,
kühl, sehr elegant und nachhaltig mit feingliedrigem, reifem Tannin.

2019 Pinot Noir Réserve, Weingut Bischel, Appenheim/Rheinhessen 95P
Tief und vielschichtig im Duft, rote Johannisbeere, Hagebutte, Waldboden, warmes Gummi, sehr fein,
elegant und nachhaltig mit einer frischen, animierenden Säure.

2019 Spätburgunder Kirschgarten GG, Weingut Knipser, Laumersheim/Pfalz 94P
Schon sehr offenes Bouquet mit deutlicher Schwarzkirschfrucht, dezentem Holz,
etwas Waldboden und Gummiabrieb, elegant, nachhaltig, mit jugendlicher Struktur und frischer Säure.

2019 Spätburgunder Steinriese GG, Weingut Franz Keller, Vogtsburg-Oberbergen/Baden 94P
Sehr präsentes Bouquet mit Noten von Schwarzkirsche, Johannisbeere und Himbeere, präzise,
frisch und elegant mit noch deutlichen Tanninen.

2019 Spätburgunder Felsenberg GG, Weingut Rings, Freinsheim/Pfalz 94P
Braucht etwas Luft, Sauerkirsche, rote Johannisbeere, Waldboden, sehr feine Röstnoten, sehr elegant,
komplex und nachhaltig, dezentes Holz und noch präsente Tannine.

Weitere Spätburgunder-Spitzen des Jahrgangs

2019 Pinot Noir Schlatter Maltesergarten „GC“, Weingut Martin Waßmer, Bad Krotzingen-Schlatt/Baden 93+P
Feines Bouquet, rote Johannisbeere, etwas Gummi, Gewürznoten, Nelke, am Gaumen klare Frucht,
sehr feines Holz, elegant, lang.

2019 Spätburgunder Gärkammer GG, Weingut J.J. Adeneuer, Bad Neuenahr-Ahrweiler/Ahr 93+P
Kühle, kräutrig unterlegte Frucht, rote Johannisbeere, Hagebutte, frisch, reintönig, gute Struktur,
animierend, präzise und sehr nachhaltig.

2019 Spätburgunder Morstein „Felix“ GG, Weingut Keller, Flörsheim-Dalsheim/Rheinhessen 93+P
Noch sehr verhalten im Duft, etwas rote Johannisbeere, am Gaumen reife Tannine, viel Grip und Druck,
elegant, insgesamt noch sehr jugendlich, muss reifen.

2019 Spätburgunder Herrenberg GG, Weingut Jean Stodden, Rech/Ahr 93P
Eigenständiges Bouquet, deutlich Süßkirsche, rote Johannisbeere, etwas Zuckerwatte, rauchige Noten,
präzise, straff, mit noch jugendlicher Tanninstruktur, muss etwas reifen.

2019 Spätburgunder Hundsrück GG, Weingut Rudolf Fürst, Bürgstadt/Franken 93P
Sehr intensiv und konzentriert im Duft, leicht rauchig, Süßkirsche, rote Johannisbeere, frisch, feingliedrig,
elegant, gute Struktur und Länge.

2019 Spätburgunder Feuerberg „Kesselberg“ GG, Weingut Bercher, Burkheim/Baden 93P
Feine Röstnoten, Schwarzkirsche, etwas Waldboden, sehr reintönig, am Gaumen präsentes,
aber sehr gut eingebundenes Holz, gute Länge, Potential.

2019 Spätburgunder Neckarhalde, Weingut Kusterer, Esslingen/Württemberg 93P
Intensive, feine Frucht, Süßkirsche, Hagebutte, auch am Gaumen klare Kirschfrucht, gute Konzentration,
frische Säure, noch leicht jugendliche Tannine, gute Länge.

Drei Lemberger/Blaufränkisch-Emfehlungen

2019 Lemberger Lämmler GG, Weingut Heid, Fellbach/Würrtemberg 93P
Intensiv, dunkle Frucht, etwas Pflaume, Beerenfrüchte, etwas kräutrige Noten, Minze,
gute Struktur mit reifen Tanninen, elegant, harmonisch, frisch.

2019 Blaufränkisch Spermen „R“ GG, Weingut Seeger, Leimen/Baden 93P
Intensives, schon sehr offenes Bouquet, rauchige Noten, dunkle Beerenfrucht, etwas dunkle Schokolade,
kraftvoll mit reifen Tanninen, Druck und Länge.

2019 Lemberger Lämmler GG, Weingut Aldinger, Fellbach/Württemberg 93P
Konzentriertes, intensives Bouquet, dunkle Frucht, etwas Pfaume, Kräuter, Gewürznoten, Nelke, kraftvoll,
harmonisch, noch präsente, aber reife Tannine, gute Länge.

Zwei Syrah-Empfehlungen

2018 Syrah Réserve, Weingut Knipser, Laumersheim/Pfalz 93P
Vielschichtiger Duft, dunkle Frucht, Beeren, Pflaume, etwas dunkle Schokolade und Waldboden,
am Gaumen sehr kraftvoll, aber elegant, gute Struktur mit reifen Tanninen, leicht pfeffrig, sehr nachhaltig.

2019 Syrah Réserve, Weingut Rings, Freinsheim/Pfalz 91P
Eindringlich, klare Beerenfrucht, Brombeere, Kräuter, etwas Kakao, am Gaumen reife Tannine, kühle,
kräutrige Frische, etwas pfeffrige Würze und gute Länge.

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